Die mittelalterlichen Mühlen in Nürnberg
Die Pegnitz durchströmt Nürnberg von Osten nach Westen und wurde im Mittelalter wie alle Flüsse auf vielfältige Art genutzt. Sie lieferte Trink-, Wasch- und Löschwasser, Färber und Gerber nutzten sie ebenso wie die Brauer und Metzger. Gleichzeitig diente der Fluss auch zur Entsorgung von Abwasser und Abfällen. Sehr wichtig waren Flüsse auch schon immer zum Betreiben von Pump- und Mühlenanlagen. Das Gefälle der Pegnitz war zwar nicht besonders groß, durch Wehre und andere Baumaßnahmen konnte die Wasserkraft so gesteuert und verstärkt werden, dass entlang des Flussufers und an einigen zufließenden Bächen Mühlen und Hammerwerke betrieben werden konnten. Zu Beginn des 17. Jahrhundert findet man auf einem Plan von Wolf Jakob Stromer zwischen den Nürnberger Vororten Wöhrd (im Osten) und Doos (im Westen) zwölf Mühlenanlagen mit insgesamt 131 Wasserrädern.
Mühlen in Wöhrd
In dem Dorf Wöhrd vor den Toren der Stadt Nürnberg stand in der Nähe des Wassertors eine Mühle. Ihre erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1326 im Zusammenhang mit einem burggräflichen Lehen. Sie wurde dann im Jahre 1414 vom Burggrafen an Ulrich Haller und Peter Volckamer verkauft und ging 1427 mit dem Dorf Wöhrd in die Oberherrschaft der Reichsstadt Nürnberg über. In Wöhrd gab es später mehrere Mühlen. Zum einen zwei Mahlmühlen: Die „Vordere Mühle in der Vorstadt Wöhrd“ und die „Hintere Mühle in der Vorstadt Wöhrd“ zwischen zwei Pegnitzarmen. Obwohl sie außerhalb der Stadt lagen, waren sie der Mühlordnung der Stadt Nürnberg unterworfen, dafür durften sie ihr Mehl frei in Nürnberg verkaufen. Außerdem stand an der Pegnitz eine Lohsägmühle mit Eisen- und Kupferhammer. Dort wurde unter anderem die Lohe (Gerberberlohe) für die Rotgerber zur Herstellung von Rindsleder (Schuhsohlen, Sättel, Stiefel) hergestellt. Im 16. Jahrhundert kam eine Pulvermühle hinzu, die im Laufe von 170 Jahren acht Mal bei Explosionen zerstört und wieder aufgebaut wurde. Ende des 18. Jahrhunderts wurde sie dann endgültig einem anderen Zweck zugeführt.
Sandmühle oder Mühle am Sand
Auf der Sebalder Seite gegenüber der kleinen Insel Schütt lag die erste Mühle nach der Stadtmauer. Ursprünglich gehörte die Mühle zum Katharinenkloster und ging dann Anfang des 15. Jahrhunderts in städtischen Besitz über. Sie war zunächst eine Mühle zum Mahlen von Getreide und besaß bereits sehr früh 18 Mühlräder. Dazu kam bald die Tuch- und Lederbearbeitung. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts wurde hier der mechanische Drahtzug entwickelt. Die Rohdrähte wurden nicht mehr durch Muskel- sondern durch Wasserkraft gezogen. Diese Technik wurde in Nürnberg streng gehütet, indem die Mühlräder in Einhausungen versteckt wurden, damit sie nicht ausspioniert werden konnten. Erst im 16. Jahrhundert durften Drahtzieher außerhalb Nürnbergs arbeiten.
Katharinenmühle oder Spitalmühle
Anfang des 14. Jahrhunderts wurde die Katharinenmühle erstmals urkundlich erwähnt. Ihren Namen hat sie vom nahe gelegenen Katharinenkloster, jedoch wurde sie wahrscheinlich schon Ende des 13. Jahrhunderts von einem Herrn Crafft Lang am Lorenzer Pegnitzufer gegenüber der vorderen Insel Schütt erbaut. Er vermachte sie dem Burggrafen Friedrich IV., der sie dem Kloster schenkte. Nach Auflösung des Klosters wurde die Mühle vom Heilig-Geist-Spital verwaltet, daher kommt der weitere Name „Spitalmühle“. Sie besaß sechs Mühlräder, davon eines für die Rotschmieddrechsler und eines als Schleifrad. Im Jahre 1448 kaufte Heinz Coburger oder Coberger die Katharinenmühle, sie blieb über mehrere Generationen im Familienbesitz. Den 2. Weltkrieg überstand sie mit nur geringeren Schäden, wurde aber im Zusammenhang mit dem Bau von Hochwasserschutzeinrichtungen abgerissen.
Schleifmühle auf der Insel Schütt
Auf der großen Insel Schütt befand sich bis zum Jahr 1784 eine Schleifmühle. Sie lag zunächst noch außerhalb des Mauerrings der vorletzten Stadtbefestigung. Erst mit der letzten Stadtbefestigung kam sie unter den Schutz der Stadt. Heinz Coburger oder Coberger kaufte Mitte des 15. Jahrhunderts diese Mühle und einige Zeit später auch die gegenüber liegende Katharinenmühle. Als die Schleifmühle Ende des 18. Jahrhunderts durch ein Hochwasser zerstört wurde, baute man sie allerdings nicht mehr auf.
Mühle hinter den Fleischbänken oder Pfannenmühle
Bereits zum Ende des 13. Jahrhunderts war eine „Mühle hinter den Fleischbänken“ gegenüber der Säumarkt- oder Trödelmarktinsel bekannt. Den bekannteren Namen „Pfannenmühle“ erhielt sie nach einer Müllersfamilie Pfann, die sie im 16. Jahrhundert betrieb, obwohl vor und nach ihr noch weitere Müller hier tätig waren. Es handelte sich um eine Getreidemühle für die Sebalder Seite. Nach einem weiteren Besitzer hatte sie auch die Bezeichnung „Kellermannsche Kunstmühle“. Da sich die Mühle unmittelbar an die Mauer der vorletzten Stadtbefestigung anschloss, nannte man sie auch „Mauermühle“ oder „Mühle an der Mauer“. Ein weiterer Name ist „Schwanenmühle“, da sich ein Schwan an dem Haus befindet.
Mühle an der Füll oder Schwabenmühle
Das erste Mühlengebäude wurde Ende des 13. Jahrhunderts zwischen Fleisch- und Karlsbrücke und direkt gegenüber dem Trödelmarkt auf der sog. Schwabeninsel errichtet. Da sie auf einem aufgeschütteten, ehemaligen Sumpfgelände gebaut wurde, nannte man sie auch „Mühle an der Füll“. Ein weiterer Name kommt von der Nähe zum Hutmacherviertel im Bereich der heutigen Kaiserstraße und Hutergasse: „Mühle unter den Hutern“. Diese Mühle hatte elf Mühlräder, acht zum Getreidemahlen und Malzbrechen und drei ab dem 16. Jh. als Schleif- Polier- und Sägerad. Ein gemeinschaftliches Wehr aus dem 15. Jahrhundert wurde von der Schwabenmühle ebenso wie von der am Sebalder Ufer liegenden Pfannenmühle und der Schleifmühle auf der Trödelmarktinsel genutzt. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Mühle mehrfach zerstört und wieder aufgebaut. Ihren jetzigen Namen erhielt sie erhielt die Mühle als Anfang des 16. Jahrhunderts der Mahlmüller Schwab den Betrieb übernahm. Mitte des 19. Jahrhunderts ließ die Stadt Nürnberg das inzwischen in ihrem Besitz befindliche Mühlengebäude auf der Insel abreißen und durch einen Neubau am Ufer ersetzen, um einen freieren Durchfluss der Pegnitz durch die Stadt zu ermöglichen. Im 19. Jahrhundert begann in der Schwabenmühle die optische Schleiferei J. G. Sill mit der Herstellung von Glaslinsen, die später in die Nägeleinsmühle verlagert wurde.
Dürrenmühle
Die Dürrenmühle stand auf dem Lorenzer Ufer gegenüber dem Neuen Bau (Maxplatz) und der Nägeleinsmühle. Mitte des 15. Jahrhundert errichtete die Stadt Nürnberg eine Mühle, die dann in Erblehen vergeben wurde. Bereits einige Jahre später brannte sie ab und wurde durch ein neues Gebäude ersetzt mit zwölf Wasserrädern, die Mahlgänge, eine Tuchwalke, eine Schleife, eine Steinschneide- und eine Sägemühle antrieben. Da der Stadtbaumeister das Sägerad gepachtet hatte, nannte man die Säge auch „Herrensäge“. Im 16. Jahrhundert wurde die Mühle von Lorenz Dürr oder Dürren gekauft und erhielt den Namen „Dürrenmühle“. Nach ihrer weitgehenden Zerstörung im 2. Weltkrieg wurden an dieser Stelle Hochwasserschutzbauten errichtet.
Nägeleinsmühle
Am „Neuen Bau“ (heute Maxplatz) auf der Sebalder Seite wurde zur gleichen Zeit wie die Dürrenmühle eine weitere Mühle gebaut, um die Bevölkerung mit Mehl versorgen zu können, die „Mühlen am Neuen Bau“. Diese Mühle – auch als „Nägeleinsmühle“ bekannt – war angebaut an den hölzernen Wasserturm an der älteren Stadtbefestigung. Als dieser Mitte des 16. Jahrhunderts abbrannte und durch einen Wasserturm aus Stein ersetzt wurde, errichtete man auch eine neue Mühle. Sie betrieb zwölf Mühlräder, acht Getreideräder, ein Schleifrad für die Ahlenschmiede, ein Polierrad, ein Walkrad für die Weißgerber und ein Sägerad. Wegen der Weißgerber hieß sie auch „Irrermühle“, war aber auch als „Baiernmühle“ oder „Gartenmühle“ bekannt.
Die Wasserrechte hier wie in der Derrermühle hatte eigentlich der Deutsche Orden, auf die er aber gegen Mahlvorrechte verzichtete. Mitte des 17. Jahrhunderts wurde ein Wasserpumpwerk im Mühlenhaus installiert zur Versorgung des Tritonbrunnens und einiger Gebäude. In späteren Jahren kamen ein Silberstreckwerk für die Münze und andere Werkstätten in die Mühle. Die im Krieg zerstörten Gebäude wurden wie die Mühlen gegenüber wegen der Pegnitzregulierung entfernt.
Almosenmühle
Seit dem 13. Jahrhundert stand am Fischbach, der durch die Stadt floss und in die Pegnitz mündete, die „Bachmühle“ oder „Almosmühle“. Sie ist die einzige Mühle Nürnbergs, deren Gebäude in fast unveränderter Form noch heute erhalten sind. Ursprünglich ein Geschenk von König Heinrich VII. an den deutschen Orden ging sie in den Besitz der Stadt Nürnberg über, die das Mühlenrecht dem „Reichen Almosen“ zuordnete, der wichtigsten Armenspeisung Nürnbergs. Sie war im Jahre 1388 von Burkard Sailer begründet worden, die Verwaltung erfolgte durch den Rat der Stadt. Die Stiftung wurde auch als Kirchhof-, Fleisch-, Brot-, und Schildalmosen bezeichnet. Die Almosenmühle wurde verpachtet, die Stiftung sicherte sich durch den Pachtzins eine gute und regelmäßige Einnahmequelle und ihr Mehl wurde vom Pächter gemahlen und eingelagert.
Die Mühle besaß vier oberschlächtige Wasserräder, das Wasser des Fischbachs wurde durch die Straße „Am Fischbach“ (heute Karolinenstraße) und die Hutergasse über einen Kanal von oben den Wasserrädern zugeführt. Es handelte sich um eine recht leistungsfähige Getreidemühle. Hier wurde auch das Malz für das städtische Weizenbräuamt gemahlen. Später trieb eines der Wasserräder eine Pumpe an, die Wasser aus einer unterirdischen Quelle hochpumpte. Mit diesem Wasser wurde der Labenwolfbrunnen im Rathaushof gespeist und zur Verbesserung der Trinkwasserqualität verwendet. Allerdings konnte das Rad auch wieder zum Mahlen umgerüstet werden.
Krötenmühle
Der Fischbach mündete im Mittelalter bei der Kaiserbrücke oder heute Karlsbrücke in die Pegnitz. Direkt am Ufer der Pegnitz, aber gespeist vom Fischbach, lag die kleinste Mühle der Stadt, die „Krötenmühle“. Wahrscheinlich geht der Name zurück auf den sumpfigen Baugrund. Allerdings wurde sie manchmal auch nach einem Besitzer und Kaufmann Gräf als „Gräfenmühle“ bezeichnet. Wann die Mühle errichtet wurde, ist nicht bekannt, sie wurde Anfang des 17. Jahrhunderts bei einem Bauantrag erwähnt. Allerdings könnte sie bereits im 13./14. Jahrhundert gebaut worden sein, eventuell im Schutze der älteren Stadtmauer an dieser Stelle.
Wahrscheinlich hatte die Mühle drei oberschlächtige Wasserräder, die vier Mahlgänge antrieben, darunter eine Gewürzmühle. Ebenso wie die Almosenmühle war die Krötenmühle vom Wohlwollen der Besitzer des Dutzendteiches abhängig, die die Menge des Wassers für den Fischbach bestimmen konnten. Es kam daher zwischen den Müllern und den Betrieben am Dutzendteich, in Gleishammer und Tullnau immer wieder zu rechtlichen Auseinandersetzungen vor dem Rat.
Kleinweidenmühle
An der Frohnveste verlässt die Pegnitz die Stadt und fließt entlang der Hallerweise zu den Weidenmühlen. Auf der Lorenzer Seite stand die Kleinweidenmühle mit einer Papiermühle und einer Mahlmühle. Die ehemalige Papiermühle hat die verschiedenen Zerstörungen durch Hochwasser und Kriege überstanden, sie wurde immer wieder aufgebaut. Sie war lange Zeit ausschließlicher Lieferant für das Schreibpapier des Rates, dafür hatte sie das Lumpenprivileg, d.h. sie durfte als einzige in der Stadt weiße Lumpen für die Papierherstellung sammeln. Nach einem der Besitzer wurde sie die „Örtelsche Weidenmühle“ genannt. Sie und das zugehörige, hervorragend restaurierte, ehemalige Gesindehaus stehen noch heute an der Pegnitz.
An die Papiermühle schloss sich eine Kornmühle an, die im 19. Jahrhundert als Kunstmühle ohne Wasserantrieb umgerüstet wurde. Die Wasserkraft nutzten verschiedene Fabriken (Patentstift-Herstellung, Zinnfolienhammer, Metallzieherei, Galvanische Anstalt, Münzpräge). Im 2. Weltkrieg wurden die Gebäude allerdings schwer beschädigt, die Wasserbauten komplett zerstört. Das Wehr und der Großweidenmühlsteg wurden durch die Stadt erneuert. Nach dem Auszug des letzten Besitzers wurde die Mahlmühle dann abgerissen.
Großweidenmühlen
Auf der Sebalder Seite gegenüber der Kleinweidenmühle befanden sich mehrere Mühlenanlagen, die voneinander unabhängig waren.
Ursprünglich war die Weidenmühle zusammen mit der Almosen- und wahrscheinlich der Krötenmühle Teil der Schenkung von König Heinrich VII. an den Deutschen Orden. Im 15. Jahrhundert ging die „Weidenmühle in der Sebalder Pfarr“, wie sie genannt wurde, an die Stadt, die sie an die Mühlenbetreiber verpachtete. Mit vier Wasserrädern wurde gemahlen, zwei weitere Räder trieben einen Eisenhammer und eine Eisenzieherei. Im 16. Jahrhundert kaufte das Handelshaus Imhof die Mühle, musste aber weiterhin Pacht an die Stadt zahlen. Die Weidenmühle war dann die nächsten Jahrhunderte unter dem Namen „Imhofsche Weidenmühle“ bekannt. Im Laufe der Zeit kamen weitere Wasserräder hinzu, unter anderem Pumpen für die Barockgärten (Hesperidengärten).
Im 19. Jahrhundert reihten sich drei Mühlenkomplexe am Pegnitzufer:
– der „Leykaufsche Eisenhammer“ am Steg über die Pegnitz (die hier gegründete, inzwischen an die Brückenstraße verlagerte Bleistiftfabrik Lyra nutzte die Mühle lange zum Mahlen von Graphit und Tonmischungen)
– eine Mahlmühle
– der „Engelhardtschen Hammer“ (Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer Kunstmühle umgebaut)
Heute existieren nur noch Reste der alten Mahlmühle, integriert in einen Gastronomiebetrieb, alle anderen Mühlen wurden zerstört und nicht mehr aufgebaut wie auch das Wasserpumpwerk.
Mühlen drei viertel Stunden von Nürnberg im Dorfe Doos
Im weiteren Verlauf der Pegnitz verengte sich der Fluss an der Dooser Enge („Dosse“ abgeleitet von tosen, rauschen). Das starke Gefälle wurde durch verschiedene Werkstätten genutzt, wie z.B. eine Sägemühle, eine Spiegelglasschleife, ein Polierwerk und andere Werke. Die Anfänge des Dorfes Doos gehen wohl auf eine dort befindliche Mühle zurück.
Bilder: Mühlen in Nürnberg
Hinweis: Mühlen in Nürnberg