Mühlen als Industrievorläufer in Nürnberg

Nach einem Plan von Wolf Jakob Stromer gab es im 16. Jahrhundert an dem „Mühlenstrom“ Pegnitz zwischen den Dörfern Wöhrd im Osten und Doos im Westen bereits 12 Mühlenanlagen mit über 130 Wasserrädern. Hört man die Bezeichnung „Mühlen“, kann leicht der falsche Eindruck entstehen, es handelte sich dabei nur um die Herstellung von Mehl aus Getreide. Zwar war die Versorgung mit dem Nahrungsmittel Mehl eine wichtige Aufgabe und Hauptgrund für die Einrichtung  mancher Mühle. Doch die hydraulische Kraft des Flusses entlastete im Handwerk die Menschen bzw. Tiere, die in früheren Zeiten als Hauptantriebskraft gedient hatten.

Viele verschiedene Gewerbe siedelten sich an der Pegnitz an und nutzten das Gefälle der Pegnitz in Mühlenanlagen, die durch entsprechende Wasserbauten (Wehre, Dämme, Holzrinnen) die zur Verfügung stehende Kraft noch vergrößerten. Hammerwerke, Schleif- und Poliermühlen, Rotschmiedsdrechsel- und Drahtziehermühlen arbeiteten ebenso mit der hydraulischen Kraft wie die Papierhersteller, die Tuch- und Lederfabrikanten, die Sägemüller und die Pulverfabrikanten. Betrachtet man die unterschiedlichen Wassermühlen im Nürnberger Stadtgebiet, dann wird verständlich, dass man hier von einer ersten Industrialisierung im Mittelalter spricht. Dieses Erbe zeigt sich selbst heute noch im englischen Begriff „mill“ für Fabrik. Ob die erste Papiermühle oder der mechanische Drahtzug, viele technische Entwicklungen aus dieser Zeit waren erst durch den Einsatz der Wasserkraft möglich.

Mühlen in NürnbergWo welche Mühle angesiedelt wurde, hing von verschiedenen Umständen ab. Zum einen wurden die Mahlmühlen zur Versorgung der Menschen möglichst innerhalb der Stadtummauerung gebaut, um sie vor Feinden zu schützen und bei möglichen Belagerungen Nahrung für die Bevölkerung zu haben. Andere Mühlen, wie die Hammer- und Rotschmiedsmühlen oder Gewürz- und Papierstampfen, wurden eher in die Randgebiete verlegt, da sie durch ihren Krach eine erhebliche Störung der Bevölkerung verursachten. Noch weiter außen lagen schließlich die Pulvermühlen zur Schießpulverherstellung. Einige dieser Mühlen flogen innerhalb eines Jahrhunderts mehrmals in die Luft. Allerdings waren auch Mahlmühlen nicht vor Mehlstaub-Explosionen oder Bränden geschützt und mussten deshalb ebenfalls öfter erneuert werden.

Ein weiteres Problem ergab sich aus dem Verlauf der Pegnitz innerhalb der Stadt. Durch das relativ enge Bett wurden bei Hochwasser oder großem Eisgang immer wieder Mühlen, Stege und Brücken schwer geschädigt oder sogar zum Einsturz gebracht. Trotz all dieser Widrigkeiten, allerdings auch zum Teil mit immer wieder geänderten Nutzungen überlebten viele Mühlen bis ins 20. Jahrhundert. In den späteren Jahren sank allerdings ihre Anzahl ständig, vor allem durch die große Konkurrenz anderer Antriebstechniken wie Dampfmaschinen und Elektromotoren. Diese konnten ihre Antriebskraft unabhängig von jahreszeitlich bedingten Schwankungen des Wasserangebots der Pegnitz und in wachsender Menge zur Verfügung stellen.

Die fast völlige Zerstörung der Innenstadt durch die Bombardierungen im 2. Weltkrieg ließ auch von den Mühlenanlagen nur wenige Reste übrig. Vieles wurde dann im Rahmen von Hochwasserschutzmaßnahmen abgetragen, so dass nur an einigen Stellen noch sichtbar ist, wo einst in Nürnberg die Wasserkraft genutzt wurde. Einzig die Satzinger Mühle in Mögeldorf wurde nach dem Krieg durch die Familie Rötzer wieder aufgebaut und bis 1972 als Kunstmühle betrieben.

Bilder: Mühlen in Nürnberg

Hinweis: Mühlenarten in Nürnberg


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